Hinweise zur Erfassung und Kartierung von Lebensräumen und Brutgebieten des Rotmilans (Milvus milvus)

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Deutschland trägt für den Rotmilan eine besondere Verantwortung, denn mehr als die Hälfte aller Rotmilane auf der Welt leben und brüten in unserer Republik. Bild: Copyright G. Just

 

Wer jemals einen Rotmilan bei guter Thermik kreisend beobachtete, war von seiner eleganten Flugweise, seiner imposanten Größe und der unverwechselbaren Silhouette tief beeindruckt. Leider geht es dem europaweit streng geschützten Greifvogel in Deutschland zunehmend schlechter: Seit Mitte 1990 nahm die Anzahl der in der Bundesrepublik lebenden Rotmilane um ca. ein Drittel ab. Die Gründe hierfür liegen einerseits in einer Veränderung der Kulturlandschaften und Wälder durch Landwirtschaft, Bereinigung der Fluren und einer intensiven Forstwirtschaft, andererseits in den sehr hohen Verlusten, verursacht durch Windräder. MARTIN FLADE, Ornithologe und Leiter des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin, nennt in seiner Studie „Von der Energiewende zum Biodiversitäts-Desaster erschütternde Zahlen: Jährlich verunglücken an Windrädern in Brandenburg 3 Prozent des Rotmilan-Landesbestands. Sein Fortbestand ist gefährdet, eine Kompensierung durch Bruten unmöglich. Das Ende der global bedeutenden Population in Brandenburg ist absehbar (Flade, 2012).

Es wird höchste Zeit, etwas dagegen zu unternehmen. Deutschland trägt für den Rotmilan eine besondere Verantwortung, denn mehr als die Hälfte aller Rotmilane auf der Welt leben in unserer Republik. Eine erste Maßnahme zum Schutz dieser faszinierenden Vogelart, ist die Erfassung und Kartierung seiner Brut- und Nahrungsgebiete. Auch als Laie lässt sich die Art gut erkennen und bei einiger Übung sicher ansprechen. Die beste Jahreszeit ihn zu beobachten ist ab Ende Februar bis ca. Mitte März. Während dieser Jahreszeit besetzt er seine Reviere und unternimmt hierzu sehr auffällige Revier- und Balzflüge. Ab Mitte März bis etwa Ende Mai/Anfang Juni sollten man sich den bekannten Horsten, die meist in kleinen Wäldern, Waldrändern oder in mit Gehölzen und Hecken reich strukturierten hügeligen Landschaften liegen, nicht mehr nähern. In dieser Zeit erfolgt die Aufzucht der Jungvögel. Rotmilane sind während dieser Phase besonders störungsempfindlich. Eine weitere gute Beobachtungszeit besteht ab Anfang Juni. Hier kann man ihn bei der Rückkehr von seinen Beute- und Jagdflügen oft sichten. Ab Anfang Juli lassen sich dann die Jungvögel in ihrer Bettelflugperiode gut und einfach nachweisen.

Die beste Tageszeit zur Beobachtung sind die frühen Morgenstunden. Man sollte sich noch vor 08 Uhr auf Kuppen oder sonstige markante Erhebungen begeben und mit einem Fernglas 8 x 20 den Horizont gründlich absuchen. Beim Absuchen des Horizonts lassen sich mit einem guten Fernglas bereits auf große Entfernung die Milane erkennen. Bei Wind werden Rotmilane bereits ab Sonnenaufgang aktiv. Je stärker der Wind, desto früher muss mit dem charakteristischen Suchflug der Rotmilane gerechnet werden.

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Mit etwa 65 cm und einer beeindruckenden Flügelspannweite von bis zu 180 cm ist der Rotmilan etwas größer als ein Mäusebussard. Sein Gefieder ist bräunlich, der Kopf weißlich bis grau. Sein besonderes Kennzeichen ist der lange, gegabelte, rostrote Schwanz. Bild: Copyright G. Just

 

Ist man sich nicht sicher, ob es in einem Gebiet überhaupt Rotmilane gibt oder hat man die optimale Beobachtungszeit im Frühjahr verpasst, sollten ab Mai bis Ende Juli möglichst frisch gemähte Wiesen aufgesucht und längere Zeit beobachtet werden. Diese werden oft und gerne von Milanen auch aus weiterer Entfernung (10 bis 15 km) zur Nahrungsbeschaffung angeflogen. Insekten und Regenwürmer aber auch Mäuse gehören zu seiner Hauptnahrung.

Werden Rotmilane beobachtend verfolgt, muss man wissen, dass sie wie andere Großvögel (Adler, Schwarzstorch) auch größere Entfernungen ganz selten im direkten Flug vom Nahrungsbiotop zum Brutplatz überwinden. Sie fliegen winkelig, kurvig und nutzen gerne Aufwinde an Hängen oder Waldrändern für ihren Segelflug. Dadurch ergeben sich große Umwege zu ihrem Horst. Man sollte daher mit einem Kraftfahrzeug, ideal mit Schiebedach, den Flug des Vogels verfolgen, um den „Landeplatz“, der oft in einem Waldstück liegt, zu erfassen. Hier dürfte sich dann auch sein Horst befinden. Durch wiederholte Verfolgungen seiner Flugroute und seiner “Landungen” in einem Wald- oder Flurstück kann man von verschiedenen Standorten mittels Winkelmessung mit einem Kompass und mit Distanzmessungen oder Distanzschätzungen den Horstbaum gut lokalisieren und in Karten erfassen. Jede Sichtung ist mit Datum, Uhrzeit und eventuellen Zeugen chronologisch zu dokumentieren. Bei der Weitergabe der Daten an Naturschutzbehörden ist jedoch Vorsicht geboten. Gelegentlich wurden die Daten an Planer von Windrädern weitergegeben. Als Folge verschwanden die Horstbäume auf unerklärliche Weise.

 

Quellen:

FLADE, M. (2012). Von der Energiewende zum Biodiversitäts-Desaster – Zur Lage des Vogelschutzes in Deutschland. Vogelwelt 133: 149 – 158.

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