Denkmalschützer mit Beißhemmung

Bayerns oberster Denkmalschützer a.D. Prof. Egon Johannes Greipl

Die Zerstörung der bayerischen Kulturlandschaften, der andauernde Flächenfraß, der Gesichtsverlust vieler Dörfer und Städte brennt vielen Menschen auf den Nägeln. Den galoppierenden Verlust von Heimat und Identität wollen immer mehr Bürger nicht hinnehmen: Ein Megathema. Die GRÜNEN haben das erkannt und das Bürgerbegehren “Betonflut eindämmen” auf den Weg gebracht, das auch vom VLAB unterstützt wird. Dabei ignorieren die GRÜNEN leider geflissentlich die ungeheuren Zerstörungen in Natur und Landschaft, die auf das Konto der sogenannten Energiewende gehen.

Glaubt man den GRÜNEN, sind die Informationsveranstaltungen zum Bürgerbegehren “Betonflut eindämmen”, das die CSU im Landtagswahljahr in Bedrängnis bringen könnte, bestens besucht. Zu den Unterstützern gehört auch die ÖDP, die sich am Montagabend in München ebenfalls des Themas annahm und mit Egon Johannes Greipl den früheren bayerischen Generalkonservator gewonnen hatte.

Das Audimax der Münchner Hochschule für Philosophie war brechend voll. Auch hier hatten die Veranstalter mit dem Thema „Flächenfraß, gesichtslose Architektur, seelenlose Dörfer – zerstören wir unsere Heimat?” einen Nerv getroffen. Greipl prangerte in seinem Vortrag vor allem den schleichenden Verlust von Baudenkmälern in Bayern an, dem die Politik keine wirksamen Konzepte entgegensetze.

Einen längeren Exkurs widmete Greipl der Energiewende, zeigte abschreckende Fotos von norddeutschen Windkraft-Landschaften und grotesken Beispielen aktueller “Solararchitektur”. Die Energiewende stellte er in eine Reihe mit anderen einst alternativlosen technoziden Weltbeglückungs- und Naturbeherrschungskonzepten: den Flussregulierungen im 19. Jahrhundert sowie der autogerechten Stadt und der flächendeckenden Flurbereinigung im 20. Jahrhundert, deren katastrophale Folgen man gerade dabei ist, mit viel Geld zumindest zumindest teilweise rückkgängig zu machen.

In Bezug auf die “Energiewende” beließ es Greipl im Großen und Ganzen bei “konstruktiver” Detailkritik. Warum, fragte Greipl, würden Kirchendächer und andere Baudenkmäler mit Solarpaneelen zugepflastert, wo doch auf Gewerbebauten ausreichend Platz wäre, um Sonnenergie zu “ernten”. Er forderte die Architekten auf, Solarkollektoren besser in bestehende oder neue Gebäude zu integrieren. Auch für den Bau von Windkraftwerken in der offenen Landschaft forderte Greipl sorgfältigere Planung, statt Wildwuchs im Quadrat.

Vor den wahren, vernichtenden Auswirkungen insbesondere der Windkraft auf die wertvollen bayerischen Kulturlandschaften verschloss Greipl die Augen. Für einen umfassend gebildeten, ästhetisch begabten Menschen wie den früheren Generalkonservator dürfte es eigentlich nur eine Forderung geben: sofortiger Baustopp für alle weiteren Windkraftwerke, um zu retten, was noch zu retten ist. Doch hier hatte der Redner ganz augenscheinlich Kreide gefressen. Schließlich sitzt er selbst für die ÖDP im Stadtrat seiner Heimatstadt Passau. Und die propagiert unverdrossen das 100-Prozent-Erneuerbar-Ziel und hält die Windkraft in Bayern für vernachlässigt.

 

 

5 Gedanken zu „Denkmalschützer mit Beißhemmung“

  1. Liest man den Homepage-Beitrag der ÖDP zur angeblich “vernachlässigten” Windkraft in Bayern, kann man nur bedauernd den Kopf schütteln. Die ÖDP äfft 1:1 all jene Parolen nach, die der Mainstream derzeit offenbar von politischer Korrektheit verlangt. Man will mitschwimmen in diesem Strom, beim angeblich vor Ort durch Windindustrie generierten “Mehrwert”, bei der “Bürgerbeteiligung”, und als weiteres dröhnendes Schlagwort ertönt die oft nachgesprochene und dennoch in der Realität längst widerlegte Behauptung, eine regionalplanerische Lenkung könne “Naturverträglichkeit” herstellen, wenn es um brachiale Invasion der Windkraftindustrie in die letzten Vorzugslandschaften und in die Wälder geht. Das “Ö” sollte die Partei deshalb aus ihrem Namen streichen. Wählbar ist sie für Naturschützer mit dieser kritik- und gedankenlosen Übernahme GRÜNER Windkraft-Dogmatik nicht.

  2. Verdi prati, selve amene,
    Perderete la belta.
    Vaghi fior, correnti rivi,
    La vaghezza, la bellezza
    Presto in voi si cangera.

    Verdi prati, selve amene,
    Perderete la belta.
    E cangiato il vago oggetto
    All’orror del primo aspetto
    Tutto in voi ritornera.
    Verdi prati, selve amene,
    Perderete la belta.

    Grüne Wiesen, liebliche Wälder,
    Ihr werdet eure Schönheit verlieren.
    Schöne Blumen, eilende Bäche,
    Eure Anmut, eure Schönheit
    werden bald schwinden.

    Grüne Wiesen, liebliche Wälder,
    Ihr werdet eure Schönheit verlieren.
    Und mit dem Wandel dieser Lieblichkeit
    Wird alles in euch
    Zum früheren Schreckensbild zurückkehren.
    Grüne Wiesen, liebliche Wälder,
    Ihr werdet eure Schönheit verlieren.

    aus Alcina, Händel

  3. Unsere Erfahrungen sind, dass der Denkmalschutz sich NIEMALS mit der Windindustrie anlegt. Eine Römerstraße im Hunsrück? Egal, wird draufgebaut. Ein Keltengrab bei Kaiserslautern? Wurscht, wird überbaut. Einmalige Burgansichten werden zerstört? Shitegal. Dieses Land ist wirklich auf den Hund gekommen. Es war nicht nur mal das Land der Dichter und Denker sondern auch das Land der einmaligen Kultur und Naturlandschaften auf die man stolz war. Nun wird alles für ineffektive Zappelstromanlagen verraten und verkauft.

  4. Bei uns in Baden-Württemberg ist es anscheinend ausdrücklich erlaubt in den Entwicklungszohnen eines Biosphärengebietes Windkraftanlagen zu erstellen. Akkut will der Ökostromanbieter EWS aus Schönau einen Windpark mit neun WKAs mit 220m Höhe mitten in ein Biosphärengebietes erstellen. In den vorgesehenen Gebieten der Bauflächen und Zuwegungen sind zudem noch einzigartige schützenswerte Schanzen, Wallanlagen und über 80 historische Grenzsteine aus dem 16. und 17. Jahrhundert.
    https://youtu.be/jJzBbQqPWXg
    Die zuständige Denkmalpflege hat im ersten Scooping-Termin zum Ausdruck gebracht, dass sie kein Bauverhinderer sei.
    Die Leitung des zuständigen Biosphärengebietes hat an besagtem Termin gar nicht teilgenommen und will sich nicht eindeutig positionieren.

    1. In Bayern sind

      a) Nationalparke,
      b) Naturschutzgebiete,
      c) Kernzonen von Biosphärenreservaten,
      d) flächenhafte Naturdenkmäler und geschützte Landschaftsbestandteile,
      e) gesetzlich geschützte Biotope,
      f) Alpenplan Zone C.

      freizuhaltende Bereiche bzw. Ausschlussgebiete für Windkraftanlagen, da in ihnen „besonders schwerwiegende und nachhaltige, nicht kompensierbare Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu erwarten sind und naturschutzrechtliche Bestimmungen entgegen stehen.“ Der bayerische Windkrafterlass sieht vorsorglich vor, Abstandsflächen zu den o.g. Bereichen von maximal 1.000 m auszuweisen.
      Es ist in der Tat skandalös, dass der Windenergieerlass Baden-Württembergs aus dem Jahr 2012 die Kernzonen der Biosphärenreservate nicht als Ausschlussgebiete, ähnlich wie in Bayern, freihält.

      Des Weiteren ist der Bau von Windrädern in einem Gebiet mit „einzigartigen schützenswerten Schanzen, Wallanlagen und über 80 historischen Grenzsteinen aus dem 16. und 17. Jahrhundert“ ein klarer Verstoß gegen § 1 (4) Satz 1 Bundesnaturschutzgesetz. Dieser Passus fordert, „Naturlandschaften und historisch gewachsene Kulturlandschaften, auch mit ihren Kultur-, Bau- und Bodendenkmälern, vor Verunstaltung, Zersiedelung und sonstigen Beeinträchtigungen zu bewahren.“ Dagegen sollte geklagt werden.

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